Chemie

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Chemie

Definition

Die deutsche Chemiebranche ist mit einem Anteil von 11 % Umsatz die drittstärkste Industrie im verarbeitenden Gewerbe (nach Fahrzeug- und Maschinenbau). Sie lässt sich in verschiedene Teilbereiche unterscheiden, von denen Spezialchemikalien und Pharmazeutika ungefähr ein Drittel des Umsatzes in der Chemiebranche einnehmen und Petrochemikalien sowie Polymere je circa 15 %. Aufgrund ihres hohen Energiebedarfs, der vor allem durch fossile Energieträger gedeckt wird, verursacht die chemische Industrie 5,5 % der CO2-Emissionen in Deutschland.[1] Dabei bildet sie mit ihren Produkten die Basis weiterführender Wertschöpfung in anderen Sektoren. Eine Transformation der chemischen Industrie würde sich also auf den gesamten Lebenszyklus der Produkte auswirken.

In Sachsen-Anhalt sind derzeit fünf Chemieparks angesiedelt: Bitterfeld-Wolfen, Leuna, Schkopau/Böhlen, Piesteritz und Zeitz. Erwähnenswert sind u.a. folgende Vorteile, die sich aus einem Verbund im Industriepark ergeben[2]:

  • Bestehende Infrastruktur, die synergistisch am Standort genutzt werden kann und die Transportwege verkürzt und damit Effizienzen für die weitere Wertschöpfung erhöht. So können auch Recyclingprozesse regional eingebunden werden
  • Zentrale Ansiedlung von Produzenten und Abnehmenden und dadurch Effizienzsteigerung und Senkung von Transport- und Infrastrukturkosten
  • Gebündeltes Know-How und jahrzehntelange Erfahrung, verbunden mit kurzen Wegen

An Standorten, die nicht in Industrie- oder Chemieparks eingebunden sind, fehlen diese Vorteile. Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die außerhalb dieser zentralen Infrastruktur angesiedelt sind, ergeben sich dadurch bei der Transformation besondere Herausforderungen. Dementsprechend bedarf es eines Wissenstransfers zwischen verschiedenen Sektoren, Unternehmen und Regionen entlang der Wertschöpfungskette, bei dem auch externe Stakeholder (wie Forschung, Politik, Multiplikatoren und Gesellschaft) miteingebunden werden. Dies wollen wir im HOUSE of TRANSFER erreichen.

Kooperationsnetzwerk Chemie +

Das Kooperationsnetzwerk Chemie + ist die Nachfolge des im Jahr 2003 von Unternehmen gegründeten Clusters Chemie Kunststoffe Mitteldeutschland. Anfang der 2000 Jahre stand die Chemiebranche in Mitteldeutschland vor einer Transformation. Grund dafür waren die Privatisierung und Restrukturierung der Chemieindustrie und der stockende Aufbau Ost. Es wurden Strategiedialoge mit Landesregierungen und der Bundesregierung etabliert, die den Unternehmen die Möglichkeit boten, ihre wirtschaftlichen Anliegen bei der Umsetzung der neu aufgestellten Chemikaliensicherheit und bei der Einführung des Emissionshandels geordnet vorzubringen. Bei diesem Austausch spielte das Cluster Chemie Kunststoffe Mitteldeutschland eine federführende Rolle.

Mittlerweile haben sich in Mitteldeutschland zahlreiche Chemieparks etabliert, in denen KMUs und Forschungseinrichtungen mit Großunternehmen zusammentreffen. Das Erreichen der Treibhausgasneutralität ist die neue Herausforderung. Die Kreislaufwirtschaft des CO2 (CCU) und der Abfälle mit Chemischen Recycling sowie die biogenen Rohstoffe werden schrittweise die fossilen Rohstoffe ersetzen. Diese begleitet das etablierte Kooperationsnetzwerk Chemie +. Das Netzwerk möchte in erster Linie beim Erhalt der Zukunftssicherung des Rohstoffverbundes sowie der Wirtschaftlichkeit der regionalen Industrie auch im internationalen Kontext unterstützen. Inhaltlich werden dabei insbesondere Projekte umgesetzt, bei denen eine Umstellung der Prozesse auf nachhaltige Energien und Rohstoffe geschieht, wie chemisches Recycling und Methoden der CO2-Nutzung bzw. -speicherung (CCU/CCS). Um diese Projekte und den Austausch verschiedener Partner voranzubringen, wirkt das Kooperationsnetzwerk im HOUSE of TRANSFER mit und repräsentiert innerhalb dieses Verbundprojektes den Bereich Chemie.

Umgesetzt wird dies auf Bundes- und Landesebene, wo das Kooperationsnetzwerk Chemie + die Anliegen der Unternehmen des Rohstoffverbundes repräsentiert. So berät es den Bund bei der Erstellung der Carbon Management Strategie (CMS), welche das Bereitstellen von Kohlenstoff für die chemische Industrie regeln soll. Das Kooperationsnetzwerk Chemie + organisiert außerdem einen Regionalen Begleitkreis Chemisches Recycling, in welchen sektorübergreifend Branchen der Grundstoffindustrie sowie die Entsorgungswirtschaft und Anlagenbauer eingebunden sind. Seit 2013 wird mit dem Projekt CapTransCO2 von einem Konsortium der Unternehmen die Machbarkeit einer klimaneutralen mitteldeutschen Industrie durch den Aufbau einer vernetzten CO2-Transportinfrastruktur für CCU/CCS untersucht. Diese Projektidee wurde bei der Erörterung der Carbon Management Strategie des BMWK als eine besondere Aktivität der Grundstoffindustrie zur Erreichung der Treibhausgasneutralität im Binnenland vorgestellt. In Abstimmung mit dem BMWK und dem Land Sachsen-Anhalt wird das Kooperationsnetzwerk Chemie + die Umsetzung des Projektes CapTransCO2 mit einem Cluster CCU/S Hub Leuna in den Folgejahren begleiten.

Aktuell setzt sich das Kooperationsnetzwerk Chemie + dafür ein, dass auf die vorhandenen Steamreforming-Kapazitäten zur Herstellung von blauem Wasserstoff zurückgegriffen wird, bis grüner Wasserstoff die Marktreife erreicht hat.


Weitere Informationen

  • Umweltbundesamt (2020): Chemisches Recycling (umweltbundesamt.de)
    • Chemisches Recycling wird als eine Alternative oder Ergänzung zur werkstofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen als eine andere Form des stofflichen Recyclings diskutiert, dem sowohl die Möglichkeit der Ausschleusung von Schadstoffen als auch das Potenzial des Einsatzes schwierig werkstofflich recyclebarer oder stark verschmutzter Abfälle zugesprochen wird. Noch sind die Techniken des chemischen Recyclings nicht etabliert und seine Stellung innerhalb der Kreislaufwirtschaft noch nicht endgültig festgelegt. Dieses Hintergrundpapier geht auf die rechtlichen und technischen Grundlagen ein und gibt eine erste Einschätzung des Umweltbundesamtes zu den künftigen Anwendungsoptionen des chemischen Recyclings ab.
  • Europäische Kommission (geplant für Q4 2023): CO2-Management in der Industrie – Umsetzung der CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung
    • CO2-Abscheidung, -Nutzung und -Speicherung spielen eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung der CO2-Neutralität in der EU bis 2050. Sie bieten eine Möglichkeit zur Dekarbonisierung einiger schwer dekarbonisierbarer Sektoren und können maßgeblich zur Förderung der CO2-Entnahme in der Industrie beitragen. Im Rahmen der Initiative wird geprüft,
      • welche Rolle diese Technologien jeweils bei der Dekarbonisierung der EU-Wirtschaft bis 2030, 2040 und 2050 spielen können, und
      • welche Maßnahmen zur Optimierung ihres Potenzials erforderlich sind, u. a. beim Aufbau einer EU-weiten CO2-Transport- und -Speicherinfrastruktur.
  • Europäische Kommission (geplant für Q4 2023): Chemikalienrecht – Überarbeitung der REACH-Verordnung als Beitrag zur Schaffung einer schadstofffreien Umwelt
    • Im Rahmen des europäischen Grünen Deals wird angestrebt, für eine schadstofffreie Umwelt ein Null-Schadstoff-Ziel zu erreichen. In der Chemikalienstrategie für Nachhaltigkeit werden Maßnahmen zum besseren Schutz von Mensch und Umwelt vor gefährlichen Chemikalien und zur Förderung von Innovationen zur Entwicklung sicherer und nachhaltiger Alternativen angekündigt. Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Vorschriften für die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien in der EU überarbeitet werden.



  1. VCI (2022): Branchenportrait. Daten und Fakten im Überblick
  2. IMG Sachsen-Anhalt (2020): Stärken des Chemiestandorts